Promotionsstudium? Halbe Wissenschaftlerstelle? Oder die Promotion schon vor dem Studienabschluss fertig haben? Es gibt sicher nicht nur einen Weg zum Doktortitel. Die Mehrheit aller MedizinerInnen beginnt ihre Doktorarbeit bereits im Studium, was aber nicht unbedingt bedeutet, dass diese Arbeiten zum Ende des Studiums abgeschlossen sind.
In anderen Fachbereichen ist es sowieso üblich, dass die Doktorarbeit erst Jahre nach dem Studienabschluss angegangen wird. Vor allem wenn das Thema für die Arbeit gewissermaßen nebenbei aus dem beruflichen Inhalten abfällt, entschließen sich auch erfahrene Berufstätige doch noch zu promovieren, selbst wenn sie seit Jahren keinen Kontakt zu wissenschaftlicher Arbeit hatten.
Unabhängig von den Gründen, ist es sicherlich immer eine Herausforderung berufsbegleitend an einer Promotion zu arbeiten. Gleichzeitig kann es aber durchaus eine bereichernde Erfahrung sein, an deren Ende zudem der heiß ersehnte Titel steht.
Dabei bedeutet eine berufsbegleitende Promotion für die meisten Doktoranden dennoch, dass sie den Großteil der Arbeit in ihrer (wenigen) Freizeit erledigen müssen. Damit steht die Doktorarbeit tatsächlich überwiegend im Konflikt mit familiären und privaten Verpflichtungen, in geringerem Maße auch mit beruflichen.
Zeit und Raum schaffen
Wenn du nun also sicher bist, dass du trotz aller Herausforderungen promovieren möchtest, dann mach dich daran die Voraussetzungen zu schaffen. Zwar kann die Durchführung der Experimente oder Untersuchungen meist nicht frei gestaltet werden, sondern ist von verschiedenen äußeren Umständen und Taktgebern abhängig, sodass du dich an anpassen und drumherum organisieren musst.
Anders ist es mit Literaturrecherche, Auswertungen oder Zusammenschreiben. Hier ist deine eigene Planung gefragt. Die Tätigkeiten können sehr flexibel und von anderen unabhängig durchgeführt werden, was allerdings das Risiko mit sich bringt, dass diese immer wieder aufgeschoben und von anderen Aufgaben verdrängt werden. Wenn die Pausen zwischen einzelnen Arbeitsphasen lang werden, muss man sich jedes Mal wieder aufs Neue ins Thema einarbeiten und vergeudet viel Zeit für die immer gleichen Themen und Fragestellungen
Die größte Herausforderung besteht für die meisten dennoch darin, regelmäßig ausreichend Zeit für ihre Doktorarbeit bereitzustellen. Wer mit der Eisenhower Matrix vertraut ist, erkennt, dass es sich vorwiegend zwar um wichtige aber dennoch nicht-dringende Aufgaben handelt (B-Aufgaben). Demzufolge neigt man dazu sie hintenan zu stellen. Das hilfreiche Vorgehen hier ist die Terminierung der Aufgaben. Es geht darum, einen festen Zeitpunkt in jeder Woche oder idealerweise sogar an jedem Tag für die Doktorarbeit einzuplanen und freizuhalten.
Wer es schafft wirklich jeden Tag an seiner Promotion zu arbeiten, kann auch kleine Zeitfenster nutzen, da er/sie jedes Mal die Arbeit an genau dem Punkt wieder aufnehmen kann, an dem er/sie liegen lassen hatte. Und einzelne längere Arbeitsphasen für größere oder komplexere Aufgaben, die am Stück erledigt werden sollen, können immer noch eingeplant werden
Lass dich unterstützen
Nur der Wille etwas für die Promotion zu tun, ist manchmal einfach nicht ausreichend, z. B. wenn andere Aufgaben wirklich wichtiger sind, die man liegen lassen müsste, oder wenn die Kinder dauernd ankommen und etwas wollen. Manch einer hat das Glück, dass er sich einfach zurückziehen kann und ungestört arbeiten kann. Alle anderen müssen sich einen ungestörten Rückzugsort erst schaffen. Das bedeutet nicht, dass dir alles egal sein soll und du dich um nichts mehr kümmerst. Vermutlich würde das gar nicht dazu führen, dass du konzentriert arbeiten könntest.
Besser funktioniert es, wenn du dir deiner anderen Verpflichtungen durchaus bewusst bist und dir aktiv Hilfe hierfür holst. Vielleicht kannst du Partner/in oder Großeltern mehr in die Kinderbetreuung miteinbeziehen oder du holst dir eine Putzhilfe oder wechselst diese Jahr deine Reifen mal nicht selbst. Gerade wenn du gewohnt bist alles selbst im Griff zu haben und selbst zu tun, ist es spätestens jetzt Zeit, dass du mit anderen über deine Pläne und Aufgaben sprichst und dir helfen lässt. In einem eh schon überladenen Tagesablauf wirst du keine weiteren Verpflichtungen unterbringen können, aber du wirst sicherlich unter deinen vorhandenen Aufgaben welche finden, die du wirklich nicht selbst tun musst. Und wenn du offen und transparent mit deinen Promotionswünschen umgehst, wirst du aller Wahrscheinlichkeit nach nicht lange um Unterstützung bitten müssen. Und vielleicht kannst du sogar im Job ein paar Erleichterungen heraushandeln.
Ein solider Plan muss her
Die Unterstützung für deine vielen Aufgaben will organisiert werden, genauso der Fortschritt deiner Doktorarbeit, die Auswertung, der Schreibprozess und alles andere. Und nicht zuletzt möchte auch dein Umfeld gern wissen, womit es zu rechnen hat und wann du wieder verfügbar bist.
Mach die einen langfristigen Plan, denn von allein wird keine Zeit für die Doktorarbeit abfallen. Setzte dir Meilensteine und Deadlines, vergiss aber auch Urlaube und Freizeit nicht. Ein solcher Plan muss gar nicht die Dauer der gesamten Doktorarbeit umfassen, aber zumindest die nächsten sechs bis acht Monate. Und dann vergiss nicht den Plan wieder zu überprüfen und nachzujustieren.
Zusätzlich brauchst du einen viel differenzierteren Tages- oder Wochenplan. Hier trägst du deine tatsächlichen Aufgaben und Tätigkeiten immer wochenweise oder alle paar Tage ein. Du terminierst alles was du zu tun hast, hakst ab, was du erledigt hat und terminierst neu, was liegen geblieben ist.
Auch wenn du bisher nur wichtige Termine aufgeschrieben hattest, solltest du einem differenzierten Planer eine Chance geben. Er zeigt dir einerseits, was noch alles zu tun ist, aber andererseits auch, was du schon alles geschafft hast. Das kann zu verschiedenen Gelegenheiten sehr hilfreich sein. Experimentiere hier etwas herum, bis du eine funktionierenden Herangehensweise für die gefunden hast.
Das Ziel im Auge behalten
Dein Ziel ist der Doktortitel, aber eben nicht nur dieser. Du hast sicher auch berufliche und private Ziele, die dir wichtig sind. Und du möchtest sicher nicht deinen Job oder deine Beziehung für den Titel aufs Spiel setzen. Natürlich kann es in den Hochphasen der Doktorarbeit durchaus sinnvoll und hilfreich sein Hobbies und Freizeitaktivitäten zu streichen bzw. zu verschieben, aber mache das bewusst und zielgerichtet, lass sie nicht einfach nur hinten runterfallen.
Bewusster Verzicht zur Erreichung eines großen Ziels kann auch gut als Motivator wirken und du kannst es auch glaubwürdig nach außen kommunizieren. Wenn du aber selbst schon den Eindruck bekommst nichts mehr zu schaffen und nur noch für die Doktorarbeit zu leben, wirst kaum auf viel Verständnis aus deinem Umfeld zählen können.
Eine Doktorarbeit ist viel Aufwand, allerdings meist ziemlich ungleich über eine lange Zeit verteilt. Dafür benötigst du sowohl den langfristigen Plan, der dich unterstützt alle Ziele und Zwischenziele im Blick zu behalten und darauf hinzuarbeiten, und den differenzierteren, kurzfristigeren Plan, der dir ermöglichst flexibel und spontan auf neue Anforderungen und Änderungen einzugehen.
Wenn du Freizeitaktivitäten und Familienzeit genauso zuverlässig in deinem Plan dokumentierst und terminierst wie deine Arbeit, dann räumst du auch diesen Aktivitäten genug Bedeutung ein und kannst aktiv die hierfür aufgewendete Zeit erhöhen oder reduzieren.
Zielgerichtet und dennoch flexibel
Bei einem großen Projekt wie einer Promotion läuft natürlich nicht immer alles wie ursprünglich geplant. Manches davon hast du vielleicht sogar selbst zu verantworten, anderes erwischt dich völlig unvorbereitet und überraschend. Wenn du nun versucht einen sehr differenzierten langfristigen Plan zu erstellen und einzuhalten, wirst du frustriert werden. Also lasse bewusst Spielraum und Flexibilität für alle möglichen unerwarteten Ereignisse.
Wenn du weißt, wo du hin möchtest und wie du diese Ziel erreichst, dann wird es dir nicht besonders schwer fallen den Weg anzupassen, wenn die Gegebenheiten es erfordern. Mit einem klaren Zeil vor Augen kannst du unnötige Tätigkeiten besser identifizieren und dann auch sein lassen. Auf welche Weise oder mit welchem Instrument da dabei planst ist nicht von Bedeutung. Ein klassisches Notizbuch mit Kalenderteil kann genauso gut funktionieren wie ein Onlinetool oder eine Kombination aus verschiedenen analogen und digitalen Werkzeugen.
Egal welcher Natur, funktioniert ein solcher Plan nur, wenn du auch regelmäßig damit arbeitest, deine Fortschritte dokumentierst und deine Aufgaben immer auf dem aktuellen Stand hältst. Aber dann kann er dich äußerst effektiv unterstützen und es kann gut sein, dass du auch nach Abgabe der Doktorarbeit nicht mehr darauf verzichten möchtest.
Übe dich in Geduld
Trotz bester Planung wird es zu Durststrecken und Tiefpunkten im Verlaufe deiner Arbeit kommen. Das ist völlig normal, vergeht aber auch wieder, wenn du dich nicht entmutigen lässt. Auch wenn man bereits eine Master- oder Diplomarbeit erfolgreich abgeschlossen hat, ist vieles bei der Doktorarbeit doch anders. Neben der sorgfältigen Auswahl der Arbeit und einer soliden Planung braucht es deshalb auch Geduld und Nachsicht (vor allem mit sich selbst), wenn nicht alles auf Anhieb klappt.
Du kannst dir erlauben nachsichtig mit dir zu sein. Nur wegen eines Motivationstiefs oder wegen einer verpassten Deadline wird dein Traum vom Doktortitel nicht scheitern. Gib dir selbst die Gelegenheit und die Zeit zu lernen und besser zu werden, sei in deiner Zeitplanung, in den Inhalten, in deinen Schreibfähigkeiten und in allem, was du für die Arbeit brauchst.
Gerade wenn du schon seit ein paar Jahren im Beruf stehst, kennst du deine Arbeitsweise inzwischen doch ganz gut und hast von daher sicher auch einige Vorteile gegenüber all denen, die bereits im Studium ihre Promotion durchgeführt haben.