Silvester ja der Zeitpunkt der guten Vorsätze. Man denkt über das vergangene Jahr nach, macht sich bewusst, was nicht so toll gelaufen ist und beschließt dann im neuen Jahr alles anders und besser zu machen:
Ich höre auf zu Rauchen
Ich ernähre mich gesünder
Ich mache mehr Sport
Ich rege mich nicht mehr so schnell auf
Gleich an Neujahr fängt man an (oder vielleicht doch lieber erst am 2. Januar). Das hält man dann ein paar Tage durch, dann vergisst man es hin und wieder und ehe man sich versieht, fällt man wieder in die gewohnten Verhaltensweisen. Manch einer ist dann frustriert, sieht sich wieder bestätigt oder findet nachvollziehbare Entschuldigungen und Begründungen.
Ich werde es nie schaffen mit dem Rauchen aufzuhören
Ich kann einfach nicht kochen
Fitnessstudios sind voller Idioten
Ich bin nunmal so
Ich konnte es bislang jedes Jahr im Fitness Studio beobachten: Anfang Januar ist es immer brechend voll, das ebbt dann langsam ab und in der dritten Januar Woche sind es dann wieder die altbekannten Gesichter. Das sind die, die schon länger regelmäßig kommen. Und das sind nicht ganz besondere Menschen, nein, ganz im Gegenteil, die meisten haben es sich auch erst irgendwann angewöhnt.
Und wie wir alle wissen, gibt es Menschen, die erfolgreich und nachhaltig Verhaltensänderungen umsetzen und umgesetzt haben. Ich behaupte, das ist gar nicht so schwierig. Veränderung ist möglich! Für Jeden und Jede!
Warum gute Vorsätze nicht wirken
Das Problem mit den Silvestervorsätzen ist eigentlich recht einfach: die meisten dieser Vorsätze werden ganz spontan geäußert, sie sind weder gut durchdacht noch eindeutig formuliert. Oft sind es Dinge, die den Betreffenden schon lang auf irgendeine unbewusste Art stören, deshalb nimmt er sich kurzerhand vor, diese Dinge ab sofort zu ändern. Wie das ablaufen soll bleibt allerdings völlig unklar.
Falls der gute Vorsatz nicht schon am nächsten Tag vergessen ist, wird versucht, ihn so gut wie möglich umzusetzen. Einen Plan gibt es dafür natürlich nicht, genauso wenig wie einen Zeitrahmen. Der Aufwand ist deshalb hoch, es kostet viel Kraft, Zeit und Disziplin. Da ist es nur naheliegend, dass sich innerhalb von Tagen oder Wochen die altgedienten Verhaltensweisen wieder durchsetzen. Die erforderliche Willenskraft und Energie kann kaum jemand aufbringen!
Die Erfahrung wird dann als Scheitern verbucht und trägt dazu bei, den Glauben in die eigene Veränderungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit noch weiter zu senken. Im nächsten Jahr glaubt man ein Stückchen weniger dran, die guten Vorsätze tatsächlich umsetzen zu können und bald versucht man gar nicht mehr etwas zu verändern.
Veränderung möglich machen
Ich bin ja gar kein Freund von guten Silvester Vorsätzen. Wenn ich etwas verändern möchte, dann kann ich das gleich tun, da gibt es keinen Sinn bis zum Jahreswechsel zu warten. Oft gibt es schließlich einen Auslöser, der den Anreiz gibt, genau zu diesem Zeitpunkt etwas anzugehen, eine Veränderung loszutreten. Gerade vor wirklich radikalen Lebensstilveränderungen gab es häufig ein dramatisches Erlebnis, das dem Betroffenen sehr klar gemacht hat, dass er etwas ändern sollte, wenn er sich noch eine Weile seines Lebens freuen möchte. Aber auch weniger einschneidende Erfahrungen können Grund genug sein, eine Veränderung genau jetzt anzugehen. Durchs Warten wird der Schritt auch nicht einfacher, eher im Gegenteil.
Um eine Verhaltensänderung wirklich umzusetzen, solltest du dir im Vorfeld dennoch etwas Zeit nehmen, um ein klares Ziel zu setzen und den Weg dorthin zu planen. Auch wenn du deine guten Vorsätze dieses Jahr schon wieder über Bord geworfen hast, kannst du es ja mit dieser Anleitung einfach nochmal versuchen.
1. Schritt: Formuliere dein Ziel
Zuallererst formulierst du dein Ziel. Die Formulierung sollte ganz konkret und unmissverständlich klar stellen, was du wirklich erreichen willst und zwar so, als sei es bereits Realität. Dabei solltest du unbedingt darauf achten, dass du eine positive Formulierung wählst, als etwas, was du tun oder sein willst, nicht etwas, das du beispielsweise beenden, reduzieren oder loswerden willst. So geht von dem Satz „ich zähle immer erst mal bis 10“ eine ganz andere Kraft aus als von dem Satz „ich rege mich nicht so schnell auf“ oder gar von einer Aussage wie „ich würde mich dann nicht mehr so aufregen“.
Grundsätzlich sollte die Erreichung des Ziels auch tatsächlich in deiner eigenen Macht stehen, also aktiv durch dich herbeizuführen sein. Was bringt es dir denn, wenn du dir vornähmest im Lotto zu gewinnen oder die Beziehung deiner Schwester zu retten? Nichts! Auch Ziele wie „ein bestimmtes Einkommen zu erhalten“ oder „die ersten zahlenden Kunden zu haben“ sind mit Vorsicht zu genießen. Auch sollte für dich selbst klar erkennbar sein, wenn du dein Ziel erreicht hast, der Erfolg sollte also zählbar oder messbar sein, nicht nur abgeschätzt werden.
Ganz gut fährt man damit, wenn man darauf achtet sogenannte smarte Ziele zu formulieren, wobei SMART für spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und zeitlich terminiert steht. Um ein Ziel realistisch zu formulieren kann es manchmal durchaus nötig sein Literatur zu konsultieren oder einen Experten zu befragen, außerdem sind natürlich manche Ziele für einen realistisch und für einen anderen unmöglich zu schaffen. Terminiert bedeutet, dass ein zeitlicher Rahmen vorgegeben sein sollte.
Sehr gut funktioniert auch eine Visualisierung des Ziels. Man kann es sich einfach vorstellen, möglichst detailliert, oder ein Bild dazu malen, eine Kollage erstellen, ganz nach eigenem Geschmack und eigenen Vorlieben. Wer bin ich, wenn ich mein Ziel erreicht habe? Wie verhalte ich mich? Wie sehe ich aus? Wie reagieren andere auf mich? Was für Konsequenzen ergeben sich?
2. Schritt: Erkenne deine Motivation
Ein perfekt formuliertes Ziel hilft dir nur leider noch gar nichts, wenn du nicht dahinter stehst, wenn deine Motivation nicht dazu passt.
Was bewegt Menschen abnehmen zu wollen, mit dem Rauchen aufzuhören oder sich nicht mehr so schnell aufregen zu wollen? Die Beweggründe hören sich oft sehr ähnlich an, wenn man dann aber ein wenig in die Tiefe geht, stellt man schnell fest, dass die zugrundeliegenden Motive so verschieden sind, wie die Menschen selbst.
Ganz allgemein lässt sich sagen, dass es essenziell ist, die eigene Motivation zu kennen und sie auch zu hinterfragen. Also was ist dein innerstes Motiv? Wieso möchtest du die Veränderung umsetzen? Was bewegt dich wirklich? Was sind vielleicht nur Anforderungen von außen, die gar nicht deine eigenen sind?
Du solltest am besten eine positive Motivation haben, also einen Traum, einen tiefen Wunsch der dich antreibt. Angst und Sorgen funktionieren langfristig nur sehr eingeschränkt als Treiber für eine Verhaltensänderung. Vor allem diffuse Ängste vor möglichen Auswirkungen des Problems in ferner Zukunft reichen meist nicht, um etwas an unserem Verhalten nachhaltig zu verändern. Wenn du merkst, dass deine Motivation schwach ist, lohnt es sich, die Zielformulierung noch mal zu überdenken und anzupassen. Vielleicht willst du ja gar nicht 10 kg weniger wiegen, sondern du willst gern 30 Minuten am Stück laufen können, du willst gar nicht jeden Tag um 22 Uhr ins Bett gehen, sondern eigentlich willst du ausgeruht sein, du willst nicht jeden Tag Salat essen, sondern du willst wieder ein gutes Körpergefühl haben usw. Achte natürlich auch bei deinem neuen Ziel wieder auf eine treffende Formulierung.
3. Schritt: Gib deinen Ängsten und Befürchtungen Raum
Veränderungen machen Angst, manchen Menschen mehr, anderen weniger. Aber kaum irgendjemand steht großen Veränderungen wirklich gleichgültig gegenüber. Daran ist rein gar nichts auszusetzen! Schon als kleines Mädchen habe ich Leuten auf die Frage, ob ich mich auf die Schule freue, geantwortet, dass ich mich doch nicht freuen könne, weil ich gar nicht weiß, was mich erwartet. Nur weil dir alle erzählen irgendetwas sei toll, musst du das doch nicht glauben.
Gestehe dir selbst zu, dass dich dein eigener Plan mit Sorge erfüllt. Lass deine Ängste und Befürchtungen an dich ran, gib ihnen den Raum den sie benötigen. Vielleicht hast du Angst, dass dir etwas verloren geht? Vielleicht glaubst du, dass du nicht mehr so cool, so liebenswert oder so attraktiv sein wirst? Was es auch ist, sie es dir an. Manch eine Befürchtung löst sich vermutlich schon in Nichts auf, wenn du sie nur mal zulässt und klar aussprichst. Manch andere sind da schon hartnäckiger. Auch wenn du darüber nachdenkst, bleiben sie als reale Gefahren für dich präsent. Hier solltest du die zugrunde liegenden Bedürfnisse genau betrachten und alternative Befriedigungen für diese suchen.
Auch die Angst vor dem Scheitern ist natürlich erlaubt. Auch diese sollte dich aber nicht davon abhalten eine Veränderung anzugehen. Stell dir gleich zu Anfang schon vor, in welchen Situationen dir dein neues Verhalten schwer fallen könnte, wann du wieder rückfällig werden könntest. Versuche diese schwierigen Situationen zu umschiffen und die Gefahr für dein Ziel bewusst wahrzunehmen. Und wenn du doch einmal in alte Verhaltensweisen zurückfällst, akzeptiere es, zerfleische dich nicht, und mach einfach weiter. Ein Rückfall ist kein Scheitern und auch keine Entschuldigung das alte Verhalten wieder aufzunehmen. Nur weil du doch noch einmal zur Zigarette gegriffen hast, bedeutet nicht, dass du wieder Raucher bist. Das wirst du nur, wenn du dich selbst dazu machst.
Denke immer daran, der Weg ist das Ziel, du brauchst aber ein Ziel, um die grobe Richtung zu kennen. Nachhaltige Veränderung ist nicht unbedingt immer einfach, aber wenn deine Ziel im Einklang mit deiner eigenen Motivation stehen, dann bist du auf einem sehr guten und erfolgversprechenden Weg. Irgendwann kannst du dann von dir sagen: „ich bin seit X Jahren Vegetarierin“, „früher habe ich mal geraucht“ oder „das hat er von mir, ich war früher auch so aufbrausend“.
In zwei Wochen erfährst du dann, wie du dir ein ganzes System um deine Ziele baust, so dass du auch langfristig das neue Verhalten beibehalten kannst, und zwar ohne besondere Willensanstrengung oder Disziplin.
Wenn du jetzt motiviert bist, dir neue und sinnvolle Ziele zu stecken, habe ich ein kostenloses Arbeitsblatt für dich erstellt, das dich dabei unterstützen kann.
Du kannst es hier runterladen: Arbeitsblatt Ziele
Gute Vorsätze – ein super spannendes Thema. Auch ich kenne sie und hadere immer wieder damit. Wie viel Energie das raubt. Ich werde meine nochmal mit Hilfe deiner Tipps genau durchleuchten und freue mich auf den zweiten Teil.
Liebe Grüße
Patricia
Liebe Patricia,
vielen Dank für dein Interesse. Ich hoffe, dass ich deine Erwartungen erfüllen werde.
Herzliche Grüße,
Angelina
Ich bin schon gespannt auf den zweiten Teil, weil ich mich erst ausgiebig mit meinen Zielen beschäftigt habe – ganz ähnlich wie du es auch beschrieben hast. Eine Frage hätte ich jedoch zum Visualisieren der Ziele, was ich immer wieder versucht habe – aber dann aufgegeben habe:
Wenn ich mir meine Ziele so genau wie möglich vorstelle, freue ich mich zwar auf das Ziel aber ebenso ist das Gefühl von „ich habe es noch nicht“ -also Mangeldenken- anwesend. Wie kann ich Visualisation trotzdem für mich nutzen? Bin dankbar für jegliche Tipps!
Liebe Petra,
großartig, dass du dich intensiv mit dir und deinen Zielen beschäftigst.
Die Visualisierung soll dich vor allem mit deinem Ziel verbinden, dir dein Ziel möglichst plastisch vor Augen führen. Das ermöglicht dir einfacher auf dieses Ziel hinzuarbeiten, deine Richtung beizubehalten.
Wenn dein Mangeldenken so stark präsent ist, bei der Visualisierung deiner Ziele, sind deine Ziele vielleicht noch zu groß und zu weit weg für dich. Vielleicht versuchst du mal dein Ziel runterzubrechen und dir kleinere Teilziele zu stecken. Beobachte doch mal, wie es dann mit der Visualsierung klappt. Ich könnte mir vorstellen, dass die Visualisierung dich dann richtig beflügelt.
Ja, das macht Sinn, danke dir für den Tipp!
Liebe Angelina,
du sprichst mir aus der Seele. Ich finde übrigens den Punkt seinen Ängsten und Befürchtungen Raum zu geben besonders wichtig, denn dann erkennt man auch, wo die Hindernisse liegen und was das Ziel zum Scheitern bringen kann.
Die Motivation hilft uns im Idealfall, trotz aller Ängest und Befürchtungen am Ball zu bleiben und auch bei Rückschlägen weiterzumachen. Vielleicht sage ich auch in ein paar Jahren: Ich bin seit … Vegetarierin. Mal sehen. Ich habe mit 27.12. meine Ernährung umgestellt und bis jetzt bekommt es mir gut. Mir ist allerdings wichtig, dass ich mich wohl fühle und ich möchte meine Ernährungsform nicht zum Religionsersatz machen. Wenn ich mich irgendwann wieder anders entscheide, ist es auch ok.
Alles Liebe
Ilse
Liebe Ilse,
ja, ganz wichtig, dass man sich überhaupt mal bewusst macht, welche Ängst überhaupt mit im Boot sind. Zum Umgang mit Rückschlägen schreiben ich dann in zwei Wochen noch mehr…
Dir viel Erfolg und viel Freude mit deiner Ernährungsumstellung.
Ich kann mich ja schon gar nicht mehr an den Geschmack von Fleisch und Wurst erinnern, so lang ist das her.
Alles Liebe,
Angelina