Wissenschaftliches Schreiben zuhause und auch jede andere Art von Home Office bedarf einer gewissen Struktur und Regelmäßigkeit, die für viele Menschen ungewohnt und herausfordern ist. Insbesondere für all die, die ansonsten in einem sehr reglementierten Arbeitsumfeld unterwegs sind, ist es eine große Umstellung.

Wenn zusätzlich noch Kinder im Haus sind, für die (zeitweise) keine externe Betreuung zur Verfügung steht, wird es noch etwas komplizierter, weil zusätzlich die Bedürfnisse der Kinder wahrgenommen und befriedigt werden müssen.

Das sollte aber kein Grund sein, deine Doktorarbeit in der Schublade verschwinden zu lassen. Wenige Projekte haben ein so klar definiertes Ziel, wie die Doktorarbeit. Wenn du also auf dieses Ziel hinarbeitest, kommst du ihm immer näher, egal wie klein die einzelnen Schritte sind.

Wenn du dann noch ein paar Tipps beachtest, solltest du auch gut erkennen, wie du dich deinem Zeil näherst.

Mach dir einen Plan, besser zwei oder drei

Ein guter Plan hilft die Arbeit im Überblick zu behalten, auch weniger dringende Aufgaben nicht zu vergessen und die Aufgaben verschiedener Lebensbereiche unter einen Hut zu bringen, darüber habe ich an anderer Stelle schon geschrieben. Neben dem groben, übergeordneten Projektplan für die Doktorarbeit, mit Ziele und Zwischenzielen, sowie wichtigen Deadlines, Kongress- und Urlaubsterminen, lohnt es sich in jedem Fall auch einen Plan über alle Aufgaben (Job, Doktorarbeit, Familie) für jede einzelne Woche zu erstellen. Ich erstelle meinen Wochenplan jeden Sonntag neu. In diesen Plan kommen alle Termine, die mich betreffen, genauso meine Aufgaben und alles was so ansteht. Zusätzlich empfehlen ich ebenfalls einen Plan für jeden einzelnen Tag, der auch schon mit dem Wochenplan skizziert werden kann, aber jeden Morgen aufs neue angepasst und aktualisiert werden sollte. Im Tagesplan bekommen die Aufgaben Zeitfenster zugewiesen und ich bekomme einen Überblick, was ich wann tun will.

Für die Zeiten, in denen die ganze Familie zuhause ist (wenn es nicht Urlaub ist) haben wir außerdem einen „Familienstundenplan“. Dieser Stundenplan hilft, den Familienalltag zu strukturieren, wenn es gerade nicht so viel Struktur von außen gibt. So schreiben wir Essenszeiten, Sport. Lernzeiten, Musik und auch Arbeitszeiten für die Eltern in diesen Stundenplan. Wie ein Stundenplan für die Schule, hat der Familienstundenplan eine gewisse Gültigkeit, was aber nicht bedeutet, dass er unveränderlich ist.

Zeit für die Familie

Wir erstellen den Familienstundenplan gemeinschaftlich mit der ganzen Familie und passen ihn auch immer wieder an, wenn er nicht (mehr) so gut funktioniert. Der Familienstundenplan ersetzt nicht meine eigene Planung, sondern ergänzt sie. Auf den Familienstundenplan kommen nicht meine konkreten Aufgaben, sonden nur meine Arbeitszeiten. Einzig Telefonate oder Online-Meetings vermerke ich extra, weil ich zu diesen Zeiten nicht gestört werden möchte.

Grundsätzlich sollten nicht nur Arbeitszeiten geplant werden, sondern auch Pausenzeiten. Besonders wichtig finde ich es, gemeinsame Familienzeit einzuplanen, die dann auch zuverlässig eingehalten wird. Schon kleine Kinder können leichter auch mal warten oder mit einem Wunsch zurückstecken, wenn sie wissen, dass sie berücksichtigt werden und dass sie sich auf die versprochenen Mama- oder Papazeit verlassen können. Und tatsächlich tut diese gemeinsame Zeit nicht nur den Kindern gut. Auch die Erwachsenen profitieren sehr davon, wenn sie nicht nur den ganzen Tag in derselben Wohnung (wie die Kinder und / oder der Partner) abhängen, sondern auch einen Teil davon bewusst miteinander verbringen.

Flexible Arbeits- und Schlafenszeiten

Wenn es erforderlich ist zu den Zeiten zu arbeiten, zu denen die Kinder zuhause sind, sei es, weil man selbst während der Betreuungszeiten der Kinder anderweitig beschäftigt ist, oder weil die Kinder nicht extern betreut werden, dann lohnt es sich dennoch, Arbeitszeiten zu finden, zu denen die Kinder nicht anwesend sind oder zumindest anderweitig beschäftigt.

Das kann bedeuten, früher aufzustehen und schon zu arbeiten während die Kinder noch im Bett sind. Oder vielleicht abends arbeiten, wenn die Kinder schon schlafen. Mit kleineren Kindern kann man auch die Mittagsschlafenszeit zum Arbeiten nutzen. Oder man nutzt sie um selbst zu schlafen, damit man dann morgens oder abends länger fit ist.

Größere Kinder können sich auch mal eine Stunde am Stück allein beschäftigen. Wichtig ist hier, dass man die eigenen Prioritäten klar setzt und kommuniziert. Mit Schulkindern kann man beispielsweise vereinbaren, dass sie zuerst einen Teil Ihrer Schularbeiten allein erledigen und später die gemeinsame Lernzeit ansteht. Gemeinsam mit den Kindern kann man dann andere Aufgaben, z.B. Putzen oder Kochen erledigen. Entweder helfen sie mit oder sie können zumindest problemlos dabei sein.

Gegenseitige Unterstützung

Wenn beide Eltern zuhause arbeiten, ist es unglaublich hilfreich, wenn man sich gegenseitig den Rücken freihält. Vermutlich haben beide Partner über den Tag unterschiedliche Aufgaben zu erledigen, die nicht alle das gleiche Maß an Konzentration und Ruhe erfordern. Meist gibt es im Verlauf eines Tages durchaus Tätigkeiten bei denen ein Kind weniger bis überhaupt nicht stört. Deshalb macht es Sinn, die Arbeitstage abzustimmen, so dass immer das Elternteil als Ansprechpartner für die Kinder fungiert, das gerade die weniger sensible Arbeit zu erledigen hat. Der andere kann währenddessen ungestört arbeiten. So können bei geschickter Abstimmung sogar beide Elternteile gleichzeitig arbeiten, ohne besondere Einbußen in ihrer Produktivität hinnehmen zu müssen. Denn eine dauerhaft hochkonzentrierte Tätigkeit wäre auch ohne Kinder nicht möglich, wenn man ehrlich ist.

Ältere Kinder können selbst schon aktiv zum Funktionieren des Home Office beitragen, indem sie einige Aufgaben im Haushalt und bei der Essensbereitung übernehmen. Voraussetzung ist auch hier, dass du in der Familie drüber sprichst und nicht stillschweigend etwas erwartest. Außerdem musst du natürlich bereit sein Aufgaben abzugeben, auch wenn sie dann anders erledigt werden, als du sie selbst getan hätte. Zuständigkeit für die Essenszubereitung und bestimmte regelmäßig wiederkehrende Putzarbeiten legen wir auch in unserem Familienstundenplan fest.

Der perfekte Arbeitsplatz

Ein eigenes Arbeitszimmer, das für die Kinder tabu ist und in dem die Arbeitsmaterialien einfach liegen bleiben können, das wird normalerweise empfohlen und von vielen Arbeitgebern als Voraussetzung für ein gelingendes Home Office gesehen. Es mag ein schöner Anspruch sein, entspricht aber oft nicht der Realität, weil schon allein der Platz gar nicht da ist. Ein Arbeitsplatz im Wohnzimmer, so dass die Kinder nebendran spielen können oder ein „Kinderbüro“ neben dem eigenen Arbeitsplatz, damit die Kinder ebenfalls arbeiten können ohne allein zu sein, das kann vor allem mit kleinen Kindern zu weitaus mehr effektiver Arbeitszeit führen als der Versuch sich abzuschotten. Hier ist Kreativität ud Ausprobieren gefragt.

Bei uns hat sich bewährt, dass wir alle gemeinsam an unserem großen Esstisch arbeiten. Zwar wird dann manchmal auch geredet, so dass sich dieses Konstrukt nicht für Telefonate oder Videokonferenzen anbietet, für viel andere Arbeiten funktioniert es aber sehr gut. Die Kinder helfen sich teilweise gegenseitig bei Ihren Aufgaben und wer meint genug getan zu haben, zieht sich zurück in sein Zimmer oder nach draußen. Diese Methode läuft immer besser, umso länger wir es so machen. Es musste sich allerdings erstmal durchsetzen, dass entweder gearbeitet oder gegangen wird. Stören am Tisch ist nicht erlaubt, für niemanden.

Erlaube dir Tiefpunkte und Durchhänger

Oft begegnen mir Menschen entweder mit Bewunderung oder mit völligem Unglauben, wenn ich erzähle, wie wir es machen. Dabei ist es eigentlich reichlich unspektakulär. Ich habe Ideen und Konzepte und versuche die ganze Familie mitzunehmen. Dann gibt es Tage, die laufen super und an andere Tagen gibt es Stress oder Streit und es läuft alles andere als perfekt. Natürlich sind nicht alle Tage gleich! Und auch mir passiert es, dass ich an manchen Tagen das Gefühl bekomme, gar nichts geschafft zu haben. Aber passiert das nicht sogar dann manchmal, wenn man nur mit sich selbst zu tun hat? Wenn nun aber auch noch die Kinder mit Ihren Bedürfnissen und Launen Einfluss auf die Produktivität deiner Tage haben, ist es doch wohl gar nicht anders möglich als dass es bessere und schlechtere Tage gibt.

Deshalb kannst und sollst du deinen Perfektionismus ein Stückchen loslassen. Du machst es super! Das darfst du auch selbst anerkennen. Und was heute nicht geklappt hat, klappt dann eben morgen. Du hast mehr als eine Chance! Nicht nur jetzt. Solange du in die richtige Richtung läufst, kommst du auf alle Fälle an, selbst wenn du manchmal nur ganz kleine Schritte machst.

Lass die Kinder tun, was sie gern tun

„Wenn ich nicht die ganze Zeit hinterher bin, würden die Kinder nur vorm Fernseher sitzen“, diesen Satz habe ich schon mehr als einmal gehört. Ich bin sicher kein Freud davon, Kinder vor dem Fernseher zu parken oder ihnen unliniierte Bildschirmzeit zu geben. Was aber nun, wenn ein wichtiges Meeting ansteht? Wenn du endlich einmal eine Stunde am Stück konzentriert arbeiten willst? Dann lass die Kinder doch Fernsehen oder Computer spielen… ganz ohne schlechtes Gewissen. Den Kindern gefällt es sicher, Streit gibt es in der Zeit eher nicht und du hast die Ruhe die du brauchst. Du kannst ja immer noch bestimmen was sie sehen, schließlich gibt es eine riesige Auswahl auch an guten Kindersendungen.

Informiere dich auch welche Computerspiele die Kinder spielen, damit du dir ein Urteil bilden und aus inhaltlichen Gründen gegebenenfalls intervenieren kannst. Selbst dein Teenagersohn freut sich vemutlich, wenn du Interesse daran zeigst, welches Spiel ihn gerade begeistert. Außerdem kann er dann nachvollziehen, welche Spiele du eventuell nicht befürwortest. Einigt euch auf bestimmte Regeln über die Spieldauer oder den Zugang zu Onlinespielen. Und ansonsten sieh einfach auch mal drüber hinweg, wenn sie Spiele mögen, die du nicht gut findest. Geh stattdessen mit gutem Beispiel voran und nutzte selbst Computer und Fernsehen nur gezielt und zu definierten Zeiten. Das bewirkt langfristig weitaus mehr.

Zusammenfassung

Sicher ist es herausfordernd im Home Office, neben all den Aufgaben als Mutter / Vater, FamilienmanagerIn, KöchIn und HaushälterIn auch noch Zeit für dich selbst bzw. deine Arbeit zu finden.

Realistisch wirst du aber nicht 24 Stunden von anderen gebraucht und die Zeit lässt sich durch Absprachen und Tagesstruktur ganz gut komprimieren.

Die Schreibarbeit für die Dissertation ist eine sehr dankbares Projekt hierfür, da sie flexibel zu erledigen und nur wenig von anderen abhängig ist.

Wenn du einen guten Plan hast und dein Ziel kennst, dann kommst du auch an, selbst wenn du nur kleine Schritte machst.

Teilen mit: