„Ich muss erst in den richtigen Modus finden, so dass ich meine Arbeit schreiben kann“, sagte eine Freundin zu mir.
Ja, einen solchen Modus gibt es und auch sie hatte diese Erfahrung bereits in Ihrer Diplomarbeit Jahre zuvor gemacht. Wahrscheinlich wird sich dieser Modus, in dem sich die Doktorarbeit oder zumindest Teile der Doktorarbeit fast von selbst schreiben, nur leider nicht von allein einstellen, vor allem dann nicht, wenn es auch noch Job, Haushalt und Familie gibt.
Bleibt also nur der Weg, diesen Zustand aktiv herbeizuführen und vor allem erst einmal die Voraussetzungen zu schaffen, dass dieser Zustand überhaupt eintreten kann.
Die Doktorarbeit als Projekt
Es fängt damit an, die medizinische Promotion oder auch jede andere Promotion als Projekt zu betrachten und auch so zu behandeln. Aber keine Sorge, niemand muss sich erst zum Projektmanager qualifizieren, um eine Doktorarbeit schreiben zu können. Es geht vielmehr darum, zu erkennen, dass das Projekt „Doktorarbeit“ Zeit und Raum benötigt und deshalb vor allem auf eine grundlegende Planung und Strukturierung angewiesen ist; Planung und Strukturierung vor allem der eigenen Zeit, da ja für die Recherche- und Schreibarbeiten andere Menschen höchstens am Rande beteiligt sind. Und ja, ich weiß von weit mehr als einer Doktorarbeit, die genau in der Phase des Schreibens liegen geblieben ist und nie zu Ende gebracht wurde.
Der übergeordnete Zeitplan
Es geht also darum, einen umfassenden Zeitplan zu entwerfen mit wichtigen Terminen und Deadlines, die einen Anhalt vermittelt, wann was zu tun ist und welche Schritte zu welchem Zeitpunkt erledigt sein sollten. Hier gehören neben Teiletappen der eigenen Arbeit auch mögliche Konferenzen (an denen man Ergebnisse vorträgt) und Urlaubszeiten oder andere Zeiten, zu denen man auf keinen Fall etwas tun wird, hinein. Diese grobe Zeitplanung sollte nicht zu eng und zu fordernd sein, da man auch immer noch mit unerwarteten Verzögerungen zu rechnen hat, aber sie sollte doch ein Ende der ganzen Arbeit absehen lassen. Und vor allem sollte diese Zeitplanung dazu führen, dass man sich selbst damit befasst, wann man wieviel Zeit und Kapazitäten für die Promotion einplanen muss.
Zeitmanagement ist Selbstmanagement
Bei der gesamten Planung geht es ganz vorrangig darum, den Modus zum effektiven Arbeiten an der Promotion herbeizuführen, es geht also um das persönliche Zeitmanagement bzw. die sinnvolle Planung der eigenen Arbeitszeit. Bekanntermaßen hat jeder Tag 24 Stunden, daran ändert auch das beste Zeitmanagement nichts. Worauf ich aber Einfluss nehmen kann, ist die Art, wie ich diese 24 Stunden verbringe, was und wieviel ich in dieser Zeit tue.
Zeiten blocken
Wissenschaftliches Arbeiten und Schreiben sind nun nicht unbedingt besonders schwierig, wenn man eine ausreichende Expertise für das Thema mitbringt, aber es handelt sich dennoch um recht komplexe und vielschichtige Tätigkeiten, die sehr davon profitieren, wenn man sich eine gewisse Dauer am Stück damit befassen kann und nicht immer nur kurze Zeitfenster hat oder mit häufigen Unterbrechungen umgehen muss. Hier ist genau der Zeitplan hilfreich, der festlegt, zu welchen Zeiten an der Promotion gearbeitet wird. Am besten blockt man sich diese Zeit im Kalender, so dass man idealerweise weitgehend ungestört bleibt. Wenn solche geblockten Zeiten regelmäßig (mindestens einmal oder zweimal pro Woche) eingebaut werden können, ist eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Doktorarbeit geschaffen. Wobei es weder sinnvoll noch hilfreich ist ganz Tage zu blocken, so lang kann niemand konzentriert arbeiten. Spätestens nach zwei Stunden ist Zeit für eine Pause.
Beste Grundlage ist starke Motivation
Die beste Voraussetzung, sich nicht ablenken zu lassen und die Zeiten für die Promotion auch wirklich dafür zu nutzen, ist eine starke, intrinsische Motivation. Also mach dir immer wieder bewusst, warum du eine Doktorarbeit schreiben möchtest, was deine Ziele und Motive sind und verbinde dich regelmäßig, auch und gerade, wenn du sie nicht deutlich spürst, mit ihnen. Ich gehe davon aus, dass dich niemand zwingt eine Doktorarbeit zu machen, also wirst du die Energie und Motivation dafür auch aus dir selbst holen müssen.
Nicht Spaß, sondern Flow
Eine starke Motivation bedeutet allerdings nicht, dass du immer Spaß an deiner Arbeit haben musst. Ganz im Gegenteil, wenn Spaß ein guter Antreiber wäre, würden alle Routineaufgaben und langweiligen Standards immer liegen bleiben. Viele wichtiger als der Spaß an der Arbeit, ist die Möglichkeit wirklich tief und intensiv in die Arbeit einzutauchen, einen Zustand des „Flow“ zu erreichen. In diesem Zustand kann man äußerst effektiv und zielführend an seinen Themen arbeiten und fühlt sich hinterher entsprechend zufrieden, was wiederum die eigene Motivation positiv beeinflusst. Im „Flow“ schafft man es hochkonzentriert und fokussiert zu arbeiten, weil die Voraussetzungen stimmen.
Zeiträuber erkennen und eliminieren
Zu den Voraussetzungen für den Flow gehört einerseits, dass die Aufgaben weder überfordernd noch unterfordernd ist, andererseits sind aber auch die Rahmenbedingungen extrem wichtig. Gerade beim wissenschaftlichen Schreiben kann man meist die Rahmenbedingungen weitgehend selbst bestimmen. Es gilt deshalb alle vorhandenen Zeiträuber zu identifizieren und zu eliminieren. Alles was dich davon abhält mit deiner Arbeit zu beginnen oder deine Arbeit ohne Unterbrechung fortzusetzen, alles was dir immer wieder in den Weg kommt, muss abgestellt werden, unabhängig davon, ob es sich um tatsächlich sinnlose Tätigkeiten handelt (zielloses Surfen im Internet oder Ansehen von Sitcoms) oder um Tätigkeiten, die irgendwann getan werden müssen ( Einkaufszettel schreiben, Emails beantworten), aber eben nicht sofort und nicht jetzt. Sorge dafür, dass du dich nicht ablenken kannst und nutze gegebenenfalls auch (technische) Hilfsmittel dafür.
Gewohnheiten etablieren
Sehr hilfreich kann es hierfür sein, wenn du feste Gewohnheiten und Rituale etablierst, so dass du nach einer Weile gar nicht mehr darüber nachdenken musst, was du wie zu tun hast. Wenn du jeden Morgen erstmal eine Stunde an deiner Arbeit schreibst, wirst du dich ziemlich bald automatisch hinsetzten und das tun. Eine Stunde erscheint fast zu kurz, aber gerade deshalb fällt es vielen Menschen leicht, diese Zeit sehr konzentriert und effektiv zu nutzen, so dass meist viel mehr rauskommt, wenn man an fünf Tagen jeweils eine Stunde arbeitet anstatt an einem Tag fünf Stunden. Auch andere Menschen können sich recht leicht auf eine solche Routine einstellen und entsprechend damit umgehen. Wenn du dir schwer tust eine solche Routine zu etablieren, dann kann es dir helfen, wenn du einen bestimmten Ort für eine bestimmte Tätigkeit reservierst oder die Tätigkeit mit dem immer gleichen Ritual einläutest. Finde Gewohnheiten, die für dich hilfreich und unterstützend sind, probiere dich aus und teile anderen (z.B. Partner, Kinder) mit, wie sie dich dabei unterstützen können.
Effektivität wird zum Selbstläufer
Wenn du selbst gut organisiert bist, deine Zeiträubern nicht die Oberhand gewinnen lässt und Gewohnheiten etabliert hast, die dich gut unterstützen, dann wird das effektive Arbeiten zum Selbstläufer und du hast wirklich einen Modus erreicht, in dem sich die Arbeit fast von allein schreibt. Dann macht die Arbeit auch tatsächlich Spaß.