Entschleunigung ist ein Wort, dass es offiziell noch gar nicht lange gibt, der Duden kennt es erst seit 2000. Und irgendwie ist auch gar nicht so ganz klar, was es wohl bedeutet. Beschleunigung ist klar, das bedeutet schneller zu werden. Das Gegenteil davon ist langsamer werden, das erreicht man durch Abbremsen. Entschleunigung bedeutet hingegen die gezielte Verlangsamung einer sich bislang ständig beschleunigenden Entwicklung oder Tätigkeit. Die Entschleunigung führt also gar nicht unbedingt dazu, dass jemand oder etwas langsamer wird, sondern nur dazu, dass jemand oder etwas nicht immer noch schneller wird. Und da sind wir an einem Gefühl, das wir wohl alle kennen.

Schneller und immer schneller…

Während es in der Kindheit noch Phasen von Langeweile gab und die Zeit sich manches Mal zog wie Kaugummi (vor allem dann, wenn man auf ein freudiges und ganz besonderes Ereignis gewartet hat, wie die Abreise in den Urlaub oder die Bescherung an Weihnachten), so scheint die Zeit mit zunehmendem Alter und zunehmender Kinderzahl immer nur noch schneller zu rasen. Die beste Freundin hat man seit vielen Wochen nicht gesprochen, der Papierkram, den man regelmäßig jede Woche erledigen wollte, liegt seit zwei Monaten unbearbeitet auf dem Schreibtisch, die Tochter, die gerade erst laufen gelernt hat, kommt bereits in wenigen Wochen in die Schule und der Sohn, der doch eben noch ein Baby war, rast mit seinem Fahrrad durch die Gegend.

Viele Dinge in unserem täglichen Leben sind Routine und laufen immer gleich oder fast gleich ab. Dennoch ist das Leben der überwiegenden Mehrheit von uns nicht eintönig. Wir haben in den letzten Jahren einiges erlebt und es gibt immer wieder auch besondere Ereignisse.

Es gibt erfreuliche Erlebnisse, wie ein besonderer Urlaub, eine große Party, Hochzeiten, Geburtstage oder Beförderungen und es gibt die dramatischen Erlebnisse, die uns währenddessen manchmal vorkommen, als würden sie ewig dauern, z. B. die Nächte in denen eines der Kinder hoch fiebert und niemand richtig zum Schlafen kommt, die letzten Wochen vor dem krankheitsbedingten Tod eines Elternteils oder auch nur die Zeit im Job, nachdem man innerlich gekündigt hat, aber noch drin steckt.

Meist können wir im Nachhinein diese Ereignisse gar nicht mehr richtig zeitlich zuordnen. Was uns so erscheint, als sei es letztes Jahr gewesen, ist tatsächlich manchmal schon fünf oder zehn Jahre her, Erfahrungen, die uns vorkommen, als seien sie gestern gewesen, haben wir unter Umständen schon vor Monaten oder sogar Jahren gemacht und die erinnerte Dauer muss nicht das geringste mit der tatsächlichen Dauer eines Erlebnisses zu tun haben.

Die verlorene Zeit

Besonderen Erlebnisse können wir über lange Zeit sehr plastisch und lebhaft vor Augen haben. Zwar vergeht die gefühlte Zeit sehr viel schneller, während wir etwas angenehmes erleben, dennoch erscheinen sie uns in der Erinnerung sehr viel länger, da wir uns an vielen Details orientieren, die wir zu solchen Erlebnissen aufrufen können.

An Phasen, in denen wir wenig erlebt haben, können wir uns hingegen nur schlecht erinnern. Diese Phasen nehmen also kaum Raum in unseren Gedanken ein und vermitteln uns ein Gefühl von wenig vergangener Zeit, selbst wenn sie sich lang anfühlen können, während sie passieren.

Umso mehr Stress wir haben bzw. erleben, umso weniger nehmen wir wahr, was um uns herum geschieht, wir nehmen uns nicht die Zeit etwas bewusst zu erleben, so dass wir uns unter Umstände schon kurz darauf nicht mehr erinnern können.

Wer kennt das nicht, dass man nicht mehr genau weiß, wie man in die Arbeit gekommen ist, ob man das Auto zugeschlossen hat oder wo man die Fahrkarte hingesteckt hat. Alles Dinge, die so automatisch und unbeachtet abgelaufen sind, dass sie nie den Weg bis ins Gedächtnis gefunden haben. Obwohl wir eindeutig gehandelt, gedacht, gesprochen und vor allem gelebt haben, ist nichts von alle dem in unser Bewusstsein gedrungen.

Vielleicht waren wir in dieser Zeit mit unseren Gedanken in der Zukunft oder in der Vergangenheit, auf alle Fälle waren wir nicht präsent und konnten deshalb nichts aufnehmen und behalten. Die verlebte Zeit ist für uns also tatsächlich verlorene Zeit. Wir haben sie nicht bewusst erlebt und können sie auch später nicht aufrufen.

Die gewonnene Zeit

Die wenigsten von uns können oder wollen einen Lebenshöhepunkt an den nächsten reihen, ein gewisses Maß an Routine gibt uns Sicherheit und Halt. Was wir aber tun können, ist, uns jeden Tag kleine, ganz persönliche Highlights zu schaffen. Wir gewinnen dadurch qualitativ hochwertig Lebenszeit. Wenn wir fokussiert sind, geistig anwesend und mit unserem ganzen Wesen im Hier und Jetzt, rast unser Leben nicht mehr an uns vorbei, sondern wird zu einem bewussten und achtsamen Erleben.

Gewonnene Zeit ist also die bewusst erlebte Zeit, die wir wirklich präsent und bei der Sache sind. Bewusst bei der Sache, nicht nur, wenn wir etwas ganz besonderes erleben oder uns einer komplexen Aufgabe widmen, sondern im Alltag, bei Kleinigkeiten, bei allem was wir tun.

Genau dieser Gewinn an bewusster Lebenszeit ist für mich Entschleunigung. Einfach mal einen Moment innezuhalten und einen Gang runterzuschalten, einfach mal wahrzunehmen und anzuerkennen, was gerade im Moment ist. Entschleunigung bedeutet nur eine Sache gleichzeitig zu tun, die aber dafür mit ganzer Aufmerksamkeit, mit bewusster Wahrnehmung jede Tätigkeit zu einem kleinen Höhepunkt zu machen. Dabei ist es irrelevant, um welche Tätigkeit es sich handelt.

Deshalb ist Entschleunigung für mich das Wundermittel um gelassener und gleichzeitig schneller ans Ziel zu gelangen.

Entschleunigung macht bereits den Weg zum Erlebnis und beendet das dauernde Warten auf bessere Zeiten.

Entschleunigung gibt mir die Möglichkeit aus jedem Tag und jeder Tätigkeit Kraft zu schöpfen und Energie zu tanken.

Ein entschleunigtes Leben ist ein kraftvolles und selbstbestimmtes Leben!

Es gibt weniger Grund für Stress, Streitigkeiten und Diskussionen.

Und durch das reduzierte Multitasking machen wir weniger Fehler und sind früher fertig, auch wenn es zuerst anders erscheint.

Entschleunige dein Leben, um schneller zum Ziel zu kommen!

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